Nachverdichtung - ein Kommentar von Wolfgang Czisch, Münchner Forum

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Bei Zuzug und Platzverbrauch ist Verdichtung eine Option. Diese zu einem Gewinn für die Bürger der Stadt zu machen eine Verpflichtung! Was braucht die Stadt? Ein Bekenntnis zu ihr!

Die Stadtregierung trägt die Verantwortung für Bauraum und Baurecht, um den Bedürfnissen nach Wohnen und den Wünschen nach Entfaltung nachzukommen. Und hierbei ist der Öffentliche Raum unverzichtbarer Bestandteil, ein Begegnungsort ihrer Bürger. Gegenwärtig wird dieses Bedürfnis nicht berücksichtigt, obwohl er die Voraussetzung für Stadtgesellschaft und Demokratie ist.

In den Wettbewerben der letzten Jahre wird auf das Planungsgebiet geschaut und darin eine Lösung für den Öffentlichen Raum gesucht. Heraus kommt immer ein mit der Stadt unverbundener, halböffentlicher Raum, der sich schnell in einen bewachten Raum mit vielen Tabus verwandeln kann. Fremde Kinder spielen unerlaubt, fremde Menschen halten sich darin auf, Hunde etc. werden zur Störung.

Die Gemeinschaft der Nachbarschaft ist legitim und notwendig, kommt aber in Konflikt mit der Öffentlichkeit. Es wurden Räume geschaffen, die nur scheinbar offen sind, Räume die eher eine „feindliche Offenheit“ darstellen; jüngstes Beispiel Domagkstraße.

Die Stadt versäumt seit langem ihre Pflicht, den Öffentlichen Raum für die Bürger herzustellen oder zu verteidigen. Die Erkenntnis dieses Mangels muss endlich zu fruchtbaren Konsequenzen führen. Städtische Dichte ist, wenn es den Öffentlichen Raum gibt, ein Gewinn. Hier sieht und trifft sich die Stadtgesellschaft. Hier ist der Ort, an dem Parallelgesellschaften durch Begegnung EINE Gesellschaft werden können.

Bleibt die Frage, wo also kann Verdichtung mit der Schaffung von Öffentlichen Räumen eine Verbindung eingehen? Die Potentiale liegen in den Hauptverkehrsstraßen und in den großen Erschließungsstraßen, an denen Verdichtung auch Öffentlichen Raum schaffen kann.
In München kann die Wasserburger Landstraße als Beispiel dienen: eine vierspurige Fahrbahn mit Mittelteiler und Einfamilienhausbebauung. Hier liegt das Potential zur gesellschaftsfreundlichen Verdichtung; hier sollte Baurecht: Erdgeschoss und vier Obergeschosse geschaffen werden, das gleichzeitig die weniger bebaute Hinterseite, z.B. die Gartenstadt, schützt.

Das Erdgeschoss gehört zum Öffentlichen Raum. Hier muss Nahversorgung ermöglicht werden. Kindertagesstätten, Kindergärten, Betreuung können hier Platz finden und der sich wandelnde Bedarf nach Startups, Kunst, Ateliers, Handwerk und Gastronomie etc. kann sich entfalten und Öffentlichkeit schaffen.

Der Zeitpunkt ist günstig. Die Abgas- und Lärmbelästigung wird in wenigen Jahren dramatisch zurückgehen. Die Erschließung liegt hier und braucht wenig zusätzliche Investitionen. Der Nachfrage nach öffentlichem Verkehr kann hier am einfachsten entsprochen werden.

Auch die alten eingemeindeten Dorfkerne können neue, öffentliche Aufgaben erhalten. Hier werden die historischen Zusammenhänge der Stadt spürbar. Hier ist ebenfalls Potential zur Verdichtung an den zulaufenden Straßen.
Das BauGB hatte jüngst die Instrumente bereitgestellt, die Stadtentwicklung muss sich nur zur Stadt bekennen und sie ergreifen.

Wolfgang Czisch
Münchner Forum, Arbeitskreis Stadt, Gestalt und Lebensraum

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