Landschaftsarchitektur

Auf ein Wort.... Sieben Studierende/Absolvent:innen des Studiengangs Landschaftsarchitektur geben Antwort

© Paul Giencke, gm013 landschaftsarchitektur

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Unter dem Motto Wir gestalten Klima bringt sich der bdla in Zukunft noch stärker in die gesellschaftliche Debatte um Klimaschutz und Klimaanpassung ein.

Landschaftsarchitekt:innen sind wie kaum eine andere Profession für diese Aufgaben qualifiziert. Durch ihre interdisziplinäre Ausbildung haben sie ein breit gefächertes Spektrum an Kompetenzen.

Wir fragten Annika Dieffenbacher, Cara Noreen Frey, Carolin Kemkes, Dijana Radojevic, Georg Spree, Laura Sophie Stoib und Rick Vogel nach ihrer Motivation, den Beruf Landschaftsarchitekt:in zu ergreifen.

 

Mit Grün lebenswerten Freiraum für Menschen schaffen

Warum habt Ihr Euch für Landschaftsarchitektur entschieden?

Anna Dieffenbacher, Dijana Radojevic: Bei der Berufswahl hatten wir beide sehr ähnliche Beweggründe. Zum einen sollte es ein Beruf sein, der unsere verschiedenen, persönlichen Interessen widerspiegelt und zum anderen sehr abwechslungsreich ist. Beides haben wir in der Landschaftsarchitektur gefunden.

Die Vielfältigkeit hat uns von Anfang an begeistert

Anna Dieffenbacher, Dijana Radojevic

Landschaftsarchitekten sind bspw. Grafiker, Ingenieur und Planer zugleich. Darüber hinaus wollten wir einen sinnvollen Beruf ausüben, mit dem wir tatsächlich, langfristig etwas bewirken können. Als Landschaftsarchitektin ist es möglich, die Zukunft von Städten aktiv mitzugestalten und mit der lebendigen Materie »Grün« lebenswerten Freiraum für Menschen zu schaffen.

Cara Frey: Ich habe mir verschiedene Standorte in Deutschland angesehen und mich dann für den Fachbereich ASL Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung in Kassel entschieden. Von Klassenkameraden und Lehrern wurde meine Studienwahl gerne einseitig kommentiert: »Dann kannst Du ja später meinen Garten machen«. Doch gerade in Punkto Vielseitigkeit hätte ich kein besseres Studium auswählen können.

Die Aussicht, einen gestalterischen, grünen Job mit Zukunftsperspektive zu bekleiden, hat mich nach dem Abitur motiviert, Landschaftsarchitektur zu studieren

Cara Noreen Frey

Carolin Kemkes: Meinen Zugang zur Landschaftsarchitektur verdanke ich einem glücklichen Zufall. Nach dem Abitur hatte ich zuerst absolut keine Lust, in einem Studium direkt weiter zu »pauken«, wollte erstmal arbeiten, eigenes Geld verdienen und begann die Ausbildung als Bauzeichnerin im Tief-, Garten- und Landschaftsbau im Planungsbüro Geo3 GmbH am Niederrhein.

Zupass kamen mir dabei meine kreative Ader und meine Affinität zu Mathematik und Technik. Dabei war mir am Anfang nicht wirklich bewusst, wie das alles mit Landschaftsarchitektur zusammenhängt.

Carolin Kemkes

Schon während der Ausbildung merkte ich, dass mich das Berufsfeld so sehr interessiert, dass ich unbedingt noch mehr lernen und neue Blickwinkel erforschen wollte. Vor allem im großen Themenbereich der Pflanzen, aber auch bei konzeptionellen Entwurfsprozessen hatte ich nach meiner Ausbildung noch Wissenslücken, die ich unbedingt schließen wollte. Das war der Startschuss für mein Bachelorstudium »Freiraumplanung« mit nun anschließendem Masterstudium »Landschaftsarchitektur« an der Hochschule Osnabrück.

Mit jedem Modul, jedem Studienprojekt und jedem Semester öffnen sich nun neue Themen, Einblicke und Erkenntnisse und ich begreife immer mehr die wunderbare Komplexität der Landschaftsarchitektur.

Wenn anfangs vielleicht auch unbewusst: Ich würde mich immer wieder für die Landschaftsarchitektur entscheiden.

Carolin Kemkes

Georg Spree: Mein erster Berufswunsch war es, »Naturforscher« zu werden. Später gesellten sich zu diesem Interesse an Flora und Fauna auch die Liebe zur Kunst, Gestaltung und Architektur. Die Leidenschaft für Kunst und ihrer Ausübung in verschiedensten handwerklichen Arbeiten konnte ich in meiner zwölfjährigen Ausbildung an einer Waldorfschule voll ausleben. Das gesteigerte Interesse zur Architektur wurde im letzten Schuljahr während einer zwölftägigen, intensiven Kunstreise nach Rom geweckt. In meinen zwei darauffolgenden Bildungsjahren an einer Fachoberschule im Bereich Gestaltung vertiefte ich diese Interessen.

Dass ich mich, als es zu der Frage kam, welchen weiteren Bildungsweg ich einschlagen sollte, letztlich für Landschaftsarchitektur entschied, scheint im Nachhinein also recht einleuchtend.

Für mich ist Landschaftsarchitektur im Grunde vor allem das ausgewogene Zusammenbringen von Natur und Kultur in einer gestalterisch ansprechenden Art und Weise.

Georg Spree

Laura Stoib: Landschaftsarchitektur war mir vor meiner Entscheidung, dies zu studieren, ein unbekanntes Terrain. Mir war generell bewusst, dass es wohl ein Studium im kreativen Bereich wie Architektur werden würde. Bei genauerer Recherche nach weiteren Bereichen der Architektur und einem Selbsttest der Studieninformation Baden-Württemberg bin ich auf den Zweig Städtebau und eben auch Landschaftsarchitektur gekommen.

Mich hat und begeistert bis heute noch das Grundkonzept, in dem Sinne Orte zu schaffen, welche sich durch den Nutzer und den Lauf der Etablierung vegetativer und strukturgebender Objekte weiterentwickeln. Ein Ort bzw. Freiraum hat mit der Fertigstellung des gesamten Bauvorhabens nie wirklich ein »Endbild« erreicht, sondern lebt und entwickelt sich durch Nutzer und damit einhergehenden Veränderungen immer weiter.

Rick Vogel: Meine erste bewusste Berührung mit Landschaftsarchitektur hatte ich bei einem Besuch der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz. Ich war beindruckt, wie sich die Stadt an dem Ort der Maßnahme verändert und transformiert hatte und wie dort mit Hilfe von Gestaltung und der bewussten Verwendung von Pflanzen eine ganz neue Atmosphäre geschaffen wurde.

Gärtnerisch interessiert und betätigt hatte ich mich bereits vor diesem Besuch und mir war klar, dass ich mich auf eine gewisse Weise auch beruflich in diesem Bereich finden wollte.

Nach dem Besuch der BUGA setzte ich mich dann mit dem Berufsbild des Landschaftsarchitekten genauer auseinander. Ich hatte den Eindruck, dass mir der Beruf die Möglichkeit bieten würde, meine Kreativität in Verbindung mit deren baulicher Umsetzung und mit dem Aspekt der Pflanzenverwendung zu forcieren.

Mich reizte es, sich tiefgehender mit Planungsaspekten auseinanderzusetzen und dies auch im Rahmen von umfänglicheren Projekten, die über die Planung und Umsetzung von kleinen Privatgärten hinausgehen.

Rick Vogel

Wenn ich heute Koblenz und das ehemalige BUGA-Gelände am Rheinufer besuche, denke ich öfter an den Event zurück. Damals hatte ich mit dem Passieren der Eintrittsschranke das Gefühl, mich in einem gewissen Mikrokosmos innerhalb der Stadt zu bewegen. Heute bildet dieses Terrain eine gelungene Einheit mit den umgebenden Bereichen der Stadt und ich bin beeindruckt, wie nachhaltig sich die BUGA auf die Lebensqualität in der Stadt und auf die Wahrnehmung des Rheinufers ausgewirkt hat.

Die Vielfältigkeit der Aspekte, die ein solches Werk eines Landschaftsarchitekten beeinflusst, war mir natürlich damals nicht bewusst. Jedoch machen diese den Beruf für mich heute umso interessanter.

Interdisziplinarität im Studium ist ausbaufähig

Wie sah/sieht es mit der Interdisziplinarität an Ihrer Hochschule aus?

Anna Dieffenbacher, Dijana Radojevic: Als wahrer Allrounder mit Fachwissen aus den verschiedensten Themengebieten sind Landschaftsarchitekten ein entscheidendes Bindeglied zu anderen verwandten Berufen wie der Hochbauarchitektur, Stadtplanung oder beispielsweise der Verkehrsplanung. Deshalb ist es wichtig, diese schon von Beginn an miteinander zu vernetzen.

Wir haben zusammen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen studiert. Unsere Fakultät beheimatet neben Landschaftsarchitektur die raumplanerischen Studienfächer Stadtplanung sowie Landschaftsplanung und Naturschutz. Die eben erwähnte Vernetzung fand bei uns in Teilen bereits im Studium statt.

Durch gemeinsame Vorlesungsreihen im Grundlagenstudium und Wahlpflichtfächern im Vertiefungsstudium hatten wir die Möglichkeit, in Kontakt mit den anderen Studiengängen zu kommen. Aus unserer Sicht würden studiengangübergreifende Projekte mit interdisziplinären Teams die Vernetzung und das gegenseitige Verständnis für die verschiedenen Probleme und Aufgaben dieser verwandten Berufsgruppen noch weiter stärken.

Cara Frey: Schnell habe ich entdeckt, wie facettenreich das gewählte Berufsbild ist, nicht zuletzt aufgrund der Interdisziplinarität am Fachbereich ASL, wo viele Kurse und Projekte gemeinsam mit Architektur- und Stadtplanungsstudierenden stattfinden.

Während Architekt:innen sich für den begrenzten Raum stark macht und Stadtplaner:innen das große Ganze in den Blick nehmen, schaffen Landschaftsarchitekt:innen die verbindenden, in der Regel öffentlichen Räume für alle.

Cara Noreen Frey

Carolin Kemkes: In unserem Bachelor »Freiraumplanung« an der HS Osnabrück wurde sehr praxisnah eine enorm hohe Bandbreite an unterschiedlichen Themen behandelt. Vor allem in den ersten Semestern fanden außerdem Grundlagenmodule und studiengangübergreifende Projekte gemeinsam mit Studierenden der Landschaftsentwicklung und des Landschaftsbaues statt. Dadurch kam man mit themenverwandten Studiengängen in Kontakt und diskutierte über unterschiedliche Ansätze und Sichtweisen. Darüber hinaus wurden zu spezielleren Themen regelmäßig auch Gastdozenten
oder Fachspezialisten eingeladen.

Im Master liegt ein größerer Fokus auf der Forschung. Hier werden vermehrt Bezüge in Richtung Stadt- und Regionalentwicklung und -planung gesetzt. Insgesamt ist das Studium in Osnabrück dadurch schon sehr interdisziplinär. Potential sehe ich lediglich im Umgang mit dem auf demselben Campus befindlichen Studiengang Landwirtschaft. Meiner Meinung nach haben angehende Landwirte einen maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung unserer Landschaft. Ich denke, ein intensiverer Meinungs- und Interessenaustausch zwischen den Disziplinen würde da vermehrt positive Synergien hervorbringen.

Georg Spree: Kurz gesagt, ohne Engagement nicht besonders gut. Projekte, die, wie im Berufsleben üblich, mit Architekten, Stadtplanern oder ähnlichen Professionen zusammen bearbeitet werden, gibt es nicht. Einmal im Jahr findet eine »Interdisziplinäre Projektwoche statt«, doch wie der Name schon verrät, geht diese nur eine Woche und verpflichtend ist diese auch nicht. Das ist mein persönlicher Kritikpunkt an der Fachhochschule Erfurt. Sonst bin ich mit der Lehre in Erfurt, vor allem als sie noch in Präsenz stattgefunden hat, sehr zufrieden.

Der Wunsch nach Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Studiengängen ist bei mir persönlich sehr groß. Das trifft vor allem auf die anderen kammerfähigen Professionen zu. Aus diesem Grund versuche ich auch, ein Netzwerk aufzubauen, welches die bundesweite Vernetzung von Architekten, Landschaftsarchitekten, Stadtplanern und Innenarchitekten zum Ziel hat. Da es so etwas wie eine Bundesfachschaft für Architekten und Innenarchitekten bislang aber nicht gibt, vollzieht sich das sich Annähern eher stockend. Die Gründung eines Vereins (Nexture+), welcher alle Studierenden der Innen- und der Architektur bundesweit vertreten soll, steht aber kurz bevor. Falls es also in naher Zukunft einen bundesweiten Zu-
sammenschluss von den genannten Studienrichtungen geben sollte, so ist meine Hoffnung, dass über Veranstaltungen dieser Plattform eine weitreichende Vernetzung stattfindet.

Vorurteile gegenüber den anderen Fachrichtungen würden hoffentlich gar nicht erst entstehen. Der eigene Horizont würde stark erweitert werden und für die berufliche Laufbahn kann es nur von Vorteil sein, ein deutschlandweites Netz an Bekanntschaften zu haben, welches einen großen Teil von Planungsberufen abdeckt.

Laura Stoib: Der Studienverlauf ist in seinen Themenbereichen breit gefächert, ohne den Fokus auf Landschaftsarchitektur und Freiraumplanung zu verlieren. Dies könnte daran liegen, dass an der TU München Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung als dualer Studiengang im Bachelor gelehrt werden, sozusagen als Grundausbildung. Grundsätzlich werden Seminare – teilweise auch verpflichtend – angeboten, innerhalb derer Studierende verschiedener Fachrichtungen wie Städtebau, Naturschutz und Landschaftsplanung, Geografie, Verkehrsplanung, Architektur, Biologie etc. an einem Projekt zusammen arbeiten. Eine enge Zusammenarbeit mit Architektur-Studierenden gibt es in der Zeichen- und Entwurfslehre.

Im 4. Semester des Bachelors arbeiten Studierende der Architektur und Landschaftsarchitektur in einem Team an einem städtebaulichen Projekt und bekommen so die Chance, Erfahrung zu sammeln, wie die Zusammenarbeit einmal später im Berufsleben sein kann. Im Master Landschaftsarchitektur gibt es eine größere Auswahl interdisziplinärer Projekte bzw. Seminare.

Ich sehe ein großes Potential, vor allem aber auch den Willen der Studierenden, an mehr fachübergreifenden Uni-Projekten; die Interdisziplinarität ist ausbaufähig.

Rick Vogel: Ich habe an der HfWU Nürtingen-Geislingen studiert und hatte immer den Eindruck, dass seitens der Professoren die Projektthemen so gewählt wurden, dass wir als Studierende möglichst viel über den Tellerrand hinausschauen mussten und auch mit den Fragestellungen anderer Fachdisziplinen konfrontiert wurden.

Aspekte der Stadtplanung, Stadtökologie, Landschaftsplanung und der Architektur spielten häufig eine Rolle.

Rick Vogel

Da an unserer Fakultät auch die Studiengänge Stadtplanung, Landschaftsplanung und Naturschutz, aber auch Kunsttherapie angeboten wurden, bekam man, nicht zuletzt durch gemeinsame Kurse, automatisch einen Einblick in diese Bereiche. Einen größeren Anteil an Input über die Hochbauarchitektur hätte ich gut gefunden.

Nachhaltig kann schön sein, muss schön sein

Gestaltung versus Nachhaltigkeit – Konflikt oder Symbiose?

Anna Dieffenbacher, Dijana Radojevic: Allen Säulen der Nachhaltigkeit gleichermaßen gerecht zu werden, stellt uns Landschaftsarchitekten in allen Leistungsphasen der HOAI vor eine gewaltige Herausforderung. Jedoch sollte dieses Thema in jeder Planung eine zentrale Rolle spielen.

Nicht selten beruht die Gestaltungidee auf Aspekten der Nachhaltigkeit und ist damit ausschlaggebend für den gesamten Entwurf. Eine solche Symbiose schafft einen tiefergehenden Sinn und eine gewisse Raffinnesse. So könnten bei der Entscheidung, nur regionale Baustoffe zu verwenden, neben einem starken Heimatbezug auch noch hohe Transportkosten und damit verbundene Emissionen vermieden werden.

Wir sind der Meinung, dass die Symbiose von Gestaltung und Nachhaltigkeit zu innovativeren und zukunftsweisenden Lösungsansätzen in der Landschaftsarchitektur führt.

Carolin Kemkes: Meiner Meinung nach leben wir in einer Zeit, in der wir es uns gar nicht mehr leisten können, Eingriffe in die Landschaft vorzunehmen – und damit meine ich auch die Stadt- und Kulturlandschaft –, die nicht nachhaltig sind. Außerdem finde ich, dass nachhaltige bzw. ökologisch wertvolle Projekte eine ästhetische Gestaltung keinesfalls ausschließen, ganz im Gegenteil! Das Gestalten mit Pflanzen oder das Prinzip des Animal Aided Designs sind dafür gute Beispiele. Doch Nachhaltigkeit beschränkt sich natürlich nicht nur auf die ökologische Komponente. Auf sozialer Ebene bietet meiner Meinung nach insbesondere die Partizipation betroffener Beteiligter das Potenzial für eine nachhaltige, gelungene Gestaltung. Wirtschaftlich betrachtet kann der Einsatz von regionalen Produkten und Baustoffen eine Symbiose zwischen Gestaltung und Nachhaltigkeit schaffen.

Im Laufe der Zeit habe ich für mich erkannt, dass die Landschaftsarchitektur ein wahnsinnig gutes Instrument ist, genau diese Symbiose in die Tat umzusetzen, Räume zu schaffen, die gleichermaßen für Mensch und Tier sowie im Einklang von Gestaltung und Ökologie gedacht sind.

Georg Spree: Ganz klar eine Symbiose. Ich finde allerdings, dass vor allem im beruflichen Alltag, aber auch in der Lehre ein stärkeres Bewusstsein dafür entstehen sollte, dass eine Planung, die nicht nachhaltig ist, auch nicht schön sein kann. Davon abgesehen sind die meisten nachhaltigen Projekte, die mir bekannt sind, auch rein gestalterisch nicht schlechter als konventionelle Bauwerke, im Gegenteil.

Um das nachhaltige Bauen in Zukunft umzusetzen, sollte meiner Meinung nach in jedem Studium, das mit Planung zu tun hat, auch ein Modul stehen, in dem das Thema Kreislaufwirtschaf gelehrt wird. Nachhaltiger zu produzieren und zu bauen, ist eine der wichtigsten Aufgaben unseres Bau- und Wirtschaftswesens und der genannte Ansatz wäre in meinen Augen ein wichtiger Schritt in eine nachhaltigere Zukunft. Eine klarere Stellungnahme, intensivere Werbung und stärkere Lobbyarbeit der Architektenkammer, bezogen auf Themen wie gesundes, nachhaltiges und kreislauffähiges Bauen, halte ich in dem Zusammenhang für essenziell. Darauf, diese schwierigen, komplexen und wichtigen Aufgaben in der/für die Zukunft zu lösen, freue ich mich persönlich im späteren Berufsleben am meisten.

Laura Stoib: Nachhaltigkeit ist ein Wort, welches mehr an Bedeutung gewinnt; Tendenz zu nachhaltigen Bauen ist steigend. Ob das an der Bewegung der »Fridays for Future« oder gar am »ersten Lockdown« (2020) und der damit einhergehenden Selbstreflektion liegen mag? Ich denke, das eine hat das andere in jedem Fall bestärkt.

Nachhaltigkeit in der Gestaltung ist in dem Sinne auf mehreren Ebenen zu betrachten: Materialität, Raumnutzung oder auch Verwendung und Etablierung raumgreifender Vegetation. Die Symbiose entsteht erst, wenn ein Projekt in allen Ebenen der Gestaltung nachhaltig ist. Das Wissen, der Wille sowie gute Exempel sind vorhanden (bsp. Cradle-to-cradle), jedoch sind meistens die Kosten sowie der damit einhergehende Zeitaufwand die ausschlaggebende Begründung des Bauherrn, sich letztendlich gegen die nachhaltige Variante zu entscheiden. Deshalb bleibt es leider viel zu oft nur bei dem Gespräch darüber oder gar nur einer Teilrealisierung.

Rick Vogel: Einen Konflikt sehe ich hier nicht, jedoch habe ich den Eindruck, dass der Begriff Nachhaltigkeit oft nur als eine Worthülse verwendet und im Planungsalltag eher stiefmütterlich mit bedacht wird. Dies kann ich allerdings nur basierend auf meinen subjektiven Erfahrungen schlussfolgern. Wer den Begriff benutzt, sollte auch versuchen, ihn konsequent umzusetzen und dies auch beim Auftraggeber, im möglichen Rahmen, zu verteidigen.

Der Begriff Nachhaltigkeit scheint mir sehr komplex und der Bereich seiner Anwendung in der Planung sehr facettenreich. Der Umfang, in welchem Nachhaltigkeit in der Planung bedacht werden kann, hängt sicherlich auch von der jeweiligen Offenheit des Auftraggebers ab.

Ich denke, Nachhaltigkeit als Wiederverwendung bestimmter Elemente bspw. von Belägen könnte, abhängig von der jeweiligen Planung, sicherlich eine spannungsvolle Patina bieten.

Umgang mit unserer Umwelt ändern

Könnte die Fridays for Future-Bewegung eine neue Generation von Landschaftsarchitekten hervorbringen?

Anna Dieffenbacher, Dijana Radojevic: Absolut ja! Zunehmend viele Menschen wollen etwas verändern, nicht länger tatenlos zusehen.Vor allem die jüngere Generation hat ein großes Bewusstsein für dieUmwelt entwickelt und ist bereit, etwas zu verändern.

Aktuelle Themen wie Klima- sowie demographischer Wandel machen die Relevanz von hochqualitativem, gestalteten Freiraum innerhalb von Städten immer sichtbarer. Unsere Profession kann an Aufmerksamkeit gewinnen und genau das müssen wir nutzen, um für unseren Beruf, gerade bei Schulabgängern, Werbung zu machen. Hierbei können wir als Vertreter der grünen Branche die gemeinsamen Interessen, die zwischen uns und der FfF-Bewegung bestehen, artikulieren und das grüne sowie nachhaltige Image von Landschaftsarchitektur unterstreichen. Denn Landschaftsarchitektur ist Teil der Lösung für eine klimaneutrale Zukunft.

Cara Frey: Die Bewegung Fridays for Future hat mich darin bestärkt, wie wichtig es ist, dass jeder seinen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leistet. Als angehende Landschaftsarchitektin sehe ich es als eine spannende Aufgabe, Nachhaltigkeit durch Gestaltung zu initiieren und zu fördern.

Carolin Kemkes: Total! Ich selbst war schon auf einigen Fridays for Future-Aktionen und die Kraft, die von dieser Masse an jungen, innovativ denkenden Menschen ausgeht, ist gewaltig. Selbst die, die am Anfang eventuell gar nicht so richtig wissen, wofür sie überhaupt auf die Straße gehen, begreifen, spätestens wenn sie die vielen unterschiedlichen Plakate lesen und Demonstrationsrufe hören, dass es allerhöchste Zeit ist, etwas an dem Umgang mit unserer Umwelt zu ändern. Ich glaube, dass viele junge Leute, die diese Demos besucht haben, sich über mögliche Berufe informieren werden, die in eine grüne, nachhaltige Richtung gehen und da werden Studiengänge und Ausbildungen im Bereich der Landschaftsarchitektur
definitiv dazu gehören.

Georg Spree: Diese Bewegung hat einen großen Anteil am Umdenken, das momentan in der Gesellschaft und auch der Landschaftsarchitektur stattfindet. Allerdings denke und hoffe ich, dass dieses Umdenken nicht nur in der künftigen-, sondern auch in der aktuellen Generation von Landschaftsarchitekten an einigen Stellen zu Veränderung führt.

Laura Stoib: Mit dem Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit durch »Fridays for Future« ist Landschaftsarchitektur bestimmt eine Disziplin, die an Bekanntheit gewinnt und daher wieder mehr Anklang als Studienfach findet. Als ich 2015 an der TU München mit meinem Studium begonnen habe, waren wir 36 Erstsemester und mit dem Abschluss des Bachelors (2019) 24 Absolventen. Für das erste Semester 2019 hatten sich zu der Zeit bereits 73 Erstsemester für das Bachelor Studium an der TUM angemeldet.

Die Bewegung »Fridays for Future« regt in jedem Fall zu mehr Diskussion in der jüngeren Generation an. Städte sind in ihrem jetzigen Gefüge nun mal ein großer Faktor der Klimaerwärmung, haben jedoch so viel Potential, im Freiraum sowie in der Bausubstanz, durch nachhaltige Stadtentwicklung dem entgegenzuwirken. Nicht nur FfF, sondern auch die aktuelle Situation, in der wir unbefinden, hat uns dazu gebracht, die Bedeutung des Menschen innerhalb der Stadt zu überdenken. Die Tendenz, Stadtteile autofrei zu gestalten, ermöglicht es Menschen, den Straßenraum in einer dicht besiedelten Stadt »wieder« als Freiraum zu erobern. Retrospektive Begrünung von Gebäuden durch Dach- und Fassadenbegrünung sowie die Setzung und Erhaltung raumgreifender Vegetation sind eine Sache. Der neu gewonnene Freiraum muss dann auch nachhaltig gestaltet und behandelt werden. Dabei spielen wir Landschaftsarchitekt*innen eine große Rolle. Der Wille der Bewohner ist da, die Entscheidung und Entwicklung aber auch abhängig von der eigenen Stadtpolitik.

Sowohl wir Landschaftsarchitekt:innen, als auch Stadtplaner:innen und Architekt:innen können eine entscheidende Rolle einnehmen, indem bewusst Projekte entwickelt werden, die auf Nachhaltigkeit in allen Ebenen abzielen.

Laura Sophie Stoib

Rick Vogel: Ich denke jede Generation sieht sich mit anderen, eigenen Fragen und Problematiken konfrontiert, die sie beschäftigen, was sich sicherlich auf deren Geist auswirkt. So wird diese Generation einen neuen Spirit mit in die Landschaftsarchitektur bringen, der womöglich zu einer stärkeren Gewichtung bestimmter Aspekte und vielleicht schon vorhandener Tendenzen führt, so beispielsweise bei der eben schon erwähnten Nachhaltigkeit in den Projekten. Die Frage, ob sich aus dem verstärkten Interesse der jungen Leute für unsere künftige Umwelt auch mehr Interessenten für unseren Beruf des Landschaftsarchitekten ergeben, ist schwierig abzuschätzen. Da ein wesentlicher Bestandteil unseres Arbeitens darin besteht, sich mit Ansprüchen und Bedürfnissen von künftigen Nutzern und Generationen auseinanderzusetzen, bilden diese schon jetzt engagierten Leute die richtige Zielgruppe für einen ebenso zukunftsorientierten wie -weisenden Beruf.

Leider bekomme ich oft den Eindruck, dass es der Landschaftsarchitektur an der nötigen Bekanntheit mangelt. Kaum jemand, dem ich sage, »Ich bin Landschaftsarchitekt«, weiß etwas mit dem Begriff und dem Berufsbild anzufangen.

Erstmal angestellt Erfahrungen sammeln

Wie sehen Sie Ihre berufliche Perspektive: freischaffend oder angestellt?

Anna Dieffenbacher, Dijana Radojevic: Vorerst käme nur eine Anstellung in Frage, um wichtige Berufserfahrungen zu sammeln und den eigenen Horizont zu erweitern. Zudem müssen wir nach unserem Studium für etwa zwei Jahre den AiP (Architekt im Praktikum) absolvieren, um kammerfähig zu werden und um als freischaffende Landschaftsarchitektinnen arbeiten zu dürfen. Nach dem Grundlagenstudium haben wir uns beide für die Vertiefung »Planen und Entwerfen« entschieden und somit primär nur einen Teil der Tätigkeiten eines freien Landschaftsarchitekten erlernt. Dadurch fehlen uns auch für die Unternehmungsgründung wichtige wirtschaftliche Grundkenntnisse.

Möglicherweise lässt sich in fernerer Zukunft mit etwas mehr Erfahrung und Know-how der Sprung in die Selbstständigkeit wagen. Bis dahin heißt es: fleißig lernen.

Cara Frey: Nach dem Abschluss meiner Masterarbeit freue ich mich darauf, Teil eines Teams in einem kreativen Planungsbüro zu werden und Zukunft mitzugestalten.

Carolin Kemkes: Für die Zukunft treibt mich der innere Wunsch an, einen kleinen, wenn auch bedeutenden Teil zur lokalen Freiraumentwicklung beitragen zu können, der ästhetischen wie auch nachhaltigen Ansprüchen gleichermaßen gerecht wird. Ich persönlich sehe da deutliche Vorteile als freischaffende Landschaftsarchitektin. Seit Anfang 2019 bearbeite ich bereits parallel zum Studium freiberuflich für verschiedene Landschaftsarchitekturbüros Aufträge, hauptsächlich in den ersten drei Leistungsphasen und im Bereich verschiedener Visualisierungen. Nach dem Studium wäre es schön, vermehrt Projekte nach eigenen Interessen zu forcieren.

Auf der anderen Seite merke ich, wie mir, verstärkt durch den Wegfall des Präsenzstudiums, die Kollegen, das Team fehlen. Vor dem Hintergrund könnte ich mir auch einen Kompromiss als Teilzeitangestellte vorstellen. So oder so, ich bin gespannt, an welchen Projekten ich in Zukunft noch arbeiten darf!

Georg Spree: Fürs erste werde ich wohl als Angestellter arbeiten und das gerne auch in verschiedenen Büros, um möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Prinzipiell kann ich mir aber auch gut vorstellen, eines Tages ein eigenes Büro zu führen. Ich habe die Vision, früher oder später ein paar nette Architekten, Ingenieure, Stadtplaner und Innenarchitekten kennenzulernen, mit denen ich dann zusammen ein interdisziplinäres Büro gründe. Aber wer weiß, was bis dahin alles passiert.

Der Reiz, freischaffend zu arbeiten, liegt bei mir vor allem darin, dass ich mich selbst ausprobieren und sehen könnte, was meine Ideen wirklich wert sind. Bei einem Angestelltenverhältnis ist dies nur bedingt möglich, da der Chef am Ende für den Entwurf, den ich tollkühn entwerfe, geradestehen muss. Ich hoffe einfach, dass ich in Zukunft einen Job haben werde, der mich zufriedenstellt und mir sinnvoll vorkommt.

Laura Stoib: Mein Schaffen in naher Zukunft schätze ich als sowohl freischaffend als auch angestellt ein. Seien es Projekte, Wettbewerbe oder Seminare an der Universität. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist mir ein wichtiger Punkt, um gewonnenes Wissen durch Erfahrung weitergeben zu können und so auch Diskussionen anzustoßen. Ich sehe mich also sowohl im Büro, als auch als Lehrende an der Universität/Hochschule. Derzeit befinde ich mich noch in Zürich, um zu arbeiten und gleichzeitig nach einem passenden Thema für meine Masterthesis zu suchen. Mir ist in meinen Jahren des Studiums und der Arbeit als Werkstudentin auch bewusst geworden, wie wichtig selbst länderübergreifende Diskussionen sowie
der Austausch von Sichtweisen für die Gestaltung und Handhabung von Landschaftsarchitektur in der Stadtentwicklung sind. Mit dem Austausch von Wissen und der Reflektion der eigenen Arbeit lernt man dazu und entwickelt sich weiter.

Rick Vogel: Grundsätzlich tendiere ich dazu, freischaffend zu werden. Schon vor Studienbeginn hatte ich das Ziel, in meinem späteren Beruf selbstständig zu sein und meine eigenen Vorstellungen umzusetzen. Bis dahin dauert es jedoch sicherlich noch eine Weile. Aktuell möchte ich erstmal als angestellter Landschaftsarchitekt Erfahrungen sammeln.

Vielen Dank.

Die Fragen stellte Holger Winz, Siegmund und Winz Landschaftsarchitekten, Balingen, Mitglied der bdla-Arbeitsgruppe Junge Landschaftsarchitekten.


Quelle: bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekten" 2/2021

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