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Lebensraum Stadtbaum: Ökosystemleistung, Biodiversität und empfehlenswerte Sorten

Von Klaus Körber

Der Klimawandel ist Fakt, die steigenden Temperaturen und sinkende Grundwasserspiegel sind messbar, Physik lügt nicht. Die Wasserversorgung in der Vegetationszeit entscheidet über das Gelingen von Pflanzungen, das gilt für alle Bäume, auch für die sogenannten Klimabäume, denen eine höhere Trockentoleranz zu eigen ist. Die Diskussion über heimisch bzw. nicht heimisch ist in diesem Zusammenhang für Pflanzungen in unseren Städten und Dörfern nicht zielführend.

Der Feldahorn hat sich bisher sehr klimafest gezeigt, das gleiche gilt für die am Markt angebotenen Sorten; sehr gut auch was die Streusalzbelastung betrifft. Foto: Klaus Körber

Der Klimawandel wird aber auch benutzt, um abzulenken von dem, was in der gärtnerischen Realität leider immer noch viel zu häufig passiert: in zu kleinen Pflanzlöchern mit vielen sonstigen Pflanzfehlern versehene Bäume werden in der Folgezeit vernachlässigt und sterben ab. Wer hat Schuld? Der Klimawandel!

Dabei ist die Optimierung des Pflanzvorgangs – von der Pflanzgrube bis hin zur kompletten Betreuung der Gehölze über Jahre hinweg – die eigentliche Herausforderung der Zeit.

Denn wenn die Rahmenbedingungen von Bodenluft über Wasser bis hin zur Nährstoffversorgung nicht dauerhaft gewährleistet werden können, dann führt das in der Regel nicht zum Erfolg.

Was ist ein Klimabaum?

Nun macht der Begriff Klimabaum innerhalb der Fachwelt die Runde, es gibt Listen mit empfohlenen Klimabäumen. Was ich immer wieder feststelle ist, dass ein Teil der Verwender von Bäumen nur noch die Bäume bestellt, die auf Empfehlungslisten stehen. Was nicht auf der Liste steht, wird ganz einfach erst mal nicht ausgeschrieben. Pech gehabt! Das ist nicht gut. Denn ohne Pflege bringe ich alle Bäume, auch Gleditsien, Ulmen und den Feldahorn, um. Klimabaum ist ein wichtiger Baustein, aber eben nur ein Baustein auf dem Weg zum Erfolg.

Und: Klimabaum ist ein dehnbarer Begriff. Jeder Baum ist ein Klimabaum, wenn er wächst, Sauerstoff produziert, Schatten spendet, Kohlendioxid speichert, egal ob er auf einer Liste steht oder nicht. Die an der Straße kränkelnde Baumhasel kann im Park oder im Wald ein traumhafter Klimabaum sein und es gibt immer noch sehr schöne Buchen, Hainbuchen, Eschen, oder Birken. Und dennoch braucht es Listen als Entscheidungshilfe, zur Orientierung, als Ideengeber.

Also: Wir brauchen in Zukunft eine große Vielfalt bei unseren Pflanzungen und das gelingt nur, wenn wir das zur Verfügung stehende Sortiment in der vollen Breite ausschöpfen. Denn wer sagt denn, dass die Gleditsie auch noch in 20 Jahren besser als eine Vogelbeere ist?

Die Mannaesche ist ein häufiger Großstrauch/ Kleinbaum in vielen Regionen Italiens; bisher kein Eschensterben und sehr gut bei Hitze und Trockenheit. Auffallend die weißen Blüten in Rispen im Mai und die rotviolette Herbstfarbe. Foto: Klaus Körber.

Ausgewählte Baumarten nach den Hitzesommern von 2003 bis 2025

Ausgewählte Leguminosen
Bei den Leguminosen sind der Styphnolobium, der Schnurbaum und die Gleditsien mit ihren Sorten bezüglich Hitzeverträglichkeit und Trockenheitstoleranz vor allen Dingen auf ärmeren Standorten besonders hervorzuheben. Beide sind in der Jugendphase und im Kronenaufbau nicht immer ganz pflegeleicht, aber der damit zusammenhängende Aufwand lohnt sich auf jeden Fall. Es handelt sich um zwei gute Stadtbäume. Die Robinie ist im direkten Vergleich meist weniger stabil, aber auf Freiflächen auf leichten Böden immer noch durchsetzungsstark mit invasivem Potential. An Straßen in beengten Situationen und salzbelastet zunehmend mit Problemen, aber nach wie vor pflanzwürdig.

Acer spp.
Der Feldahorn ist der beste heimische Ahorn, der an zahlreichen, mitunter sogar salzbelaste-ten Standorten wie an Autobahnen, vergleichsweise gut dasteht. Nur bei extremer Trockenheit mit braunen Blättern, aber fast immer deutlich stabiler als Spitzahorn. Wobei der Spitzahorn mit seinen Sorten auf naturbelassenen Böden mit ausreichendem Wurzelraum teilweise die Hitze und Trockenheit viel besser ertragen hat, als das zu erwarten war. Überhaupt: der Spitzahorn ist bei guten Wachstumsbedingungen nach wie vor ein wichtiger Baum, der im Klimawandel auf keinen Fall vergessen werden darf. Seine Schwächen in den vernachlässigten und belasteten Straßenräumen in der Stadt sind bekannt und in der Planung zu berücksichtigen. Die Bergahorne haben vermutlich als Reaktion auf den Stress der letzten Jahre in den Trockengebieten riesige Probleme mit der Rußrindenkrankheit und können bei Wasserknappheit nicht mehr empfohlen werden. Der französische Ahorn Acer monspessulanum ist noch trockenheitsverträglicher als der Feldahorn und eine gute Ergänzung für kleinere Pflanzräume.

Alnus spp.
Alnus x spaethii ist eine der besten und schnellwachsenden Baumarten überhaupt und die Spaeth´sche Erle hat sich aus diesem Grund mittlerweile fest etabliert. Ein dicht wachsender Schattenbaum, der sich sowohl an feuchten, als auch an trockenen Standorten in ganz Europa gut bewährt hat. Stammschutz muss gewissenhaft durchgeführt werden. Der zeitige Pollenflug im Januar soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Etwas unterschätzt ist Alnus cordata, die italienische Erle, sie hat sich ebenfalls stabil und etwas schmaler wachsend präsentiert und sollte in Zukunft verstärkt gepflanzt werden. Erlen sind in der Lage, in Symbiose mit luftstickstoffsammelnden Mikroorganismen sich auf armen Böden gut zu entwickeln.

Styphnolobium ex Sophora japonica als mächtiger Parkbaum in Potsdam. Sehr gut bei Hitze und Trockenheit, eine wichtige späte Bienenweide im Juli, muss in der Jugend unterstützt werden, immer ein bisschen Totholz, wichtiger Baum. Foto: Klaus Körber.

Celtis
Der Zürgelbaum Celtis australis steht auf trockenwarmen, felsigen Hängen in Südeuropa und ist mittlerweile in der Region ein wichtiger Straßenbaum. Die etwas geringere Frosthärte muss in den Planungen nur noch in sehr kalten Regionen bedacht werden. Die Bäume sind in der Jugendphase unscheinbar im Wuchs, es dauert einige Jahre, bis er an Charisma gewinnt und eigentlich wird er im Alter immer schöner. Mit Celtis occidentalis steht eine frosthärtere Alternative aus Nordamerika zur Verfügung, die auch bei Hitze und Trockenheit sehr gute Bewertungen vorweisen kann. Der Wuchs ist noch etwas breiter und ausladender, wenn man so will ein guter Schattenbaum für Räume, in denen ein ausladender Wuchs vielleicht sogar erwünscht ist. Celtis erinnert in seiner Zähigkeit an die Ulmen, und das ist gut so!

Fraxinus spp.
Die heimischen Eschen, die vom Eschensterben verschont geblieben sind, besitzen eine sehr hohe Hitze- und Trockenheitsverträglichkeit. Gleiches gilt auch für Fraxinus ornus, Fraxinus pennsylvanica und Fraxinus americana und deren Sorten, alle mit schöner Herbstfärbung und übrigens vom Eschsterben unter unseren Klimabedingungen bisher noch nicht betroffen. Ein bemerkenswerter Baum ist Fraxinus angus-tifolia »Raywood«. Diese südeuropäische Esche besticht auch nach den letzten Trockensommern mit gesundem Wuchs und der typisch dunkelroten Herbstfärbung. In regenreichen Regionen kann diese Baumart die Pilzerkrankung bekommen; sollte da also nicht gepflanzt werden.

Ginkgo
Ginkgo biloba und seine bei uns getesteten Sorten zeigen sich sehr gesund, trockenheitsverträglich und robust. Der Baum darf in dieser Aufzählung nicht fehlen. Die meisten der in unserer Versuchsanlage stehenden Sorten sind männlich und von daher ohne die lästigen Früchte. Es gibt interessante Wuchsformen, vor allen Dingen, wenn es um schmale Kronen für enge Straßenräume geht. Man braucht beim Ginkgo einfach etwas Geduld, die Schattenwirkung stellt sich meist erst nach einigen Jahren ein.

Liquidambar styraciflua
Der Amberbaum ist ein zurzeit gefragter »Modebaum«, der sich bis jetzt an vielen Standorten gesund, wüchsig, mit einem robusten Stamm und harmonischen Wuchs gezeigt hat. Liquidambar ist als Jungpflanze etwas frostempfindlich, Bäume ab 18-20 STU sind deutlich robuster. In der Jugendphase ist eine gute Wasserversorgung wichtig, denn bei einer guten Wasserversorgung ist der bevorzugt saure Boden nicht mehr ganz so wichtig. Gut angewachsene Bäume kommen dann erstaunlich gut mit Hitze und Trockenheit zu recht, aber auch hier gibt es einen Punkt, an dem extremer Wassermangel zum Absterben führen kann. Die Kronen sind windbruchgefährdet, gleiches gilt für Nassschnee, der ebenfalls zu Kronenschäden führen kann. »Worplesdon« ist die Hauptsorte mit sicherer Herbstfärbung, starkem Wuchs, keinen Korkleisten und mit einer starken Fruchtbildung, vor allem nach einem stressigen Jahr.

Ostrya carpinifolia
Die Hopfenbuche ist eine nahe Verwandte der Hainbuche aus dem Kaukasus, die nach unseren Beobachtungen im direkten Vergleich mit der Hainbuche die Hitze besser verträgt. Bei Trockenstress kann man jedoch ebenfalls eine starke Fruchtbildung beobachten, das bedeutet, dass es auch bei ihr einen Punkt gibt, an dem der Wassermangel zu Problemen führen kann. Eine gute Ergänzung zur Hainbuche, die – gut versorgt – schöne Bäume machen kann.

Tilia spp.
Es ist mittlerweile bekannt, dass Linden ausreichend Standraum brauchen, streusalzempfindlich sind und dass ihre Rinde bei starker Sonneneinstrahlung mit Sommersonnenbrand reagiert und schwere Stammschäden die Folge sind. Die Rinde muss deshalb zwingend geschützt werden. Es mehren sich die Stimmen, die beim Stammanstrich von Zeiträumen von zehn Jahren und länger sprechen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Straßenlinden nach den letzten Trockenstressjahren starke Blatt- und teils Kronenschäden gezeigt haben, teilweise mit starkem Laubfall ab Juli. Aber bei ausreichend Standraum auf gut versorgten Böden gibt es zahlreiche Beispiele, an denen die Linden die letzten Jahre gut durchgehalten haben. Der schlechte Eindruck der Linde bezieht sich häufig auf die gestressten Straßenbegleiter.
Wir dürfen nicht vergessen: Linden sind in unseren Städten mit Abstand die wichtigsten sommerblühenden Bienenbäume und schon allein aus ökologischen Aspekten unverzichtbar. Tendenziell kann die Gruppe der Silberlinden in punkto Hitzeverträglichkeit etwas besser als die restlichen Linden eingestuft werden, wobei Tilia tomentosa bei Wassermangel ebenfalls schwächeln kann und vor allen Dingen in der Jugendphase regelmäßig mit Wasser zu versorgen ist.

Ulmus
Es hat sich in der Fachwelt (zum Glück) herumgesprochen, dass es Ulmen gibt, die das Ulmen-sterben nicht bekommen und die darüber hinaus bei Hitze und Trockenheit vergleichsweise sehr gut bestehen können. Ulmen gehören neben Gleditsia und Alnus x spaethii zu meinen ersten Nennungen, wenn mich Leute nach sogenannten Klimabäumen fragen. Denn die Gruppe der resistenten Ulmen besticht auch nach den Extremjahren durch ihre enorme Zähigkeit und Wüchsigkeit. Besonders hervorzuheben ist die Fähigkeit der Ulmen, nach dem Pflanzvorgang zügig weiterzuwachsen, so etwas wie ein Verpflanzschock kommt nur ganz selten vor. Einzig der Kronenaufbau muss am Endstandort gut beobachtet werden. Ein Teil der Sorten neigt zu starken Seitenästen, häufig stehen die Äste relativ dicht beieinander, ein rechtzeitiges Auslichten der Krone ist dann angebraucht und hilft dem Eindruck eines Vergreisens entgegenzuwirken. Keine einzige Baumart ist frei von Problemen, aber die Ulmen sind es zweifelsfrei wert, verstärkt gepflanzt zu werden.
Aber bitte vergessen Sie nicht, die derzeit vorherrschenden Bäume wie Linde, Spitzahorn, Eiche, Platane in ihre Planungen mit einzubeziehen. Es gibt da noch viele schöne Bäume und ich mag mir unser Land nicht ohne diese »Brotbäume der Städte« vorstellen.

Der Feldahorn hat sich bisher sehr klimafest gezeigt, das gleiche gilt für die am Markt angebotenen Sorten; sehr gut auch was die Streusalzbelastung betrifft.

Die Mannaesche ist ein häufiger Großstrauch/ Kleinbaum in vielen Regionen Italiens; bisher kein Eschensterben und sehr gut bei Hitze und Trockenheit. Auffallend die weißen Blüten in Rispen im Mai und die rotviolette Herbstfarbe.

Styphnolobium ex Sophora japonica als mächtiger Parkbaum in Potsdam. Sehr gut bei Hitze und Trockenheit, eine wichtige späte Bienenweide im Juli, muss in der Jugend unterstützt werden, immer ein bisschen Totholz, wichtiger Baum.

Weitere Informationen zum Thema


Autor: Dipl. Ing. Agr. Univ Klaus Körber, Erlabrunn/Veitshöchheim.

Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekt:innen" 3/2025.

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