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100 Jahre Bauhaus - was ist unsere Moderne?

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Von Sylvia Butenschön

Einhundert Jahre Bauhaus – man kommt in diesem Jahr nicht am Jubiläum dieser weltberühmten Architektur- und Designschule vorbei.

Was haben wir als LandschaftsarchitektInnen damit zu tun, was ist unser Bezug zum Bauhaus? Wir reden in unserer Disziplin ganz selbstverständlich von einer Nachkriegsmoderne. Und was ist unsere Moderne?

Es gab keine Gartenkunst-Klasse und keinen Freiraumgestaltungs-Lehrer am Bauhaus.

Es gab keine Gartenkunst-Klasse und keinen Freiraumgestaltungs-Lehrer am Bauhaus, auch wenn Heinz Wichmann 1924 einen Versuch unternahm dies zu ändern. Er stellte sich eine theoretisch fundierte künstlerische Entwurfs-Ausbildung für Gärtner vor, die durch beispielhafte Umsetzungen studentischer Entwürfe praxisnah sein sollte. Bei den Bauhäuslern kam diese Idee im Prinzip gut an – ließ sich aber letztlich doch nicht realisieren.

Die Architekten und Künstler blieben unter sich und propagierten doch weiter die Ganzheitlichkeit im Entwurf und die bewusste Verbindung von Innen und Außen in der Architektur. Die Meisterhäuser in Dessau stellte Gropius auf Rasenflächen zwischen vorhandene Kiefern. Dieses Ensemble lebt vom Kontrast zwischen den kubischen klaren Baukörpern und der Vegetation, die einen lockeren Rahmen in ruhiger Farbgebung bildet. Andere Gärten an Bauhaus-Gebäuden waren nicht derart reduziert, sondern zeitgemäß – und das heißt stilistisch und funktional so qualitätvoll und so unterschiedlich, wie die Landschaftsarchitektur in der Zeit der Weimarer Republik war.

Die Gestaltreform in unserer Disziplin hatte sich schon im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ereignet.

Die Gestaltreform in unserer Disziplin hatte sich schon im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ereignet – über Wettbewerbe und große Gartenbauausstellungen hatte sich im Garten eine neue Formensprache durchgesetzt. Angeregt von Architekten und Künstlern griffen in der Folge auch junge Landschaftsarchitekten den formal-architektonischen Stil auf und gestalteten Gärten, in denen die Raumbildung durch Absenkungen und Erhöhungen, Hecken und Wände sowie perspektivische Durchblicke eine entscheidende Rolle spielte. Solche modernen oder »neuzeitlichen« Gärten wurden überall in der Republik entworfen, beispielsweise in den Büros von Ochs (Hamburg), Roselius (Bremen) oder Pniower (Berlin – um nur wenige explizit zu nennen.

Über die Form hinaus waren es Fragen des Umgangs mit dem wesentlichen Baumaterial, der Pflanze, die zu Neuerungen in der Gestaltung von Gärten und Parks führten. Willy Lange vertrat in seiner Gartengestaltung der Neuzeit die Idee von Nachahmung und künstlerischer Überhöhung natürlicher Pflanzengesellschaften. Auch wenn dieser biologisch-ökologische Gartenstil in seiner ästhetischen Wirkung nichts gemein hatte mit den schlichten kubischen Architekturformen des neuen Bauens – im Konzept der Materialgerechtigkeit stimmten Architektur und Gartenarchitektur hier überein. Ein ganz anderer Ansatz zeigte sich in der expressiven Art der Pflanzenverwendung, in der Gestalter auf intensive Farbwirkungen von einheitlich bepflanzten, häufig geometrischen Flächen setzten, wie Allinger in seiner Schmuckanlage auf der Jubiläumsgartenbauausstellung Dresden 1926.

Aber ist es nicht über die Form hinaus der Inhalt, das Funktionale und das Soziale, was das eigentlich Neue, die grüne Utopie dieser Zeit ausmacht? Mit den Ideen von Migge, Maasz und Lesser für kleine Gärten, Wohnumfeldgrün und städtische Grünräume bezieht unsere Moderne über das Einzelobjekt hinaus den räumlichen Kontext und die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse als inhaltliche Anforderungen in den Gestaltungsprozess ein. Und ist damit mindestens genauso modern wie ein weißer Flachbau!


Autorin: Dr.-Ing. Sylvia Butenschön, Landschaftsarchitektin bdla, Institut für Stadt- und Regionalplanung, Fachgebiet Denkmalpflege, Technische Universität Berlin. Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekten" 1/2019.

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