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Klimaschutz lokal

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Kommunen als Schlüsselakteure bei Klimaanpassungsmaßnahmen regional.

Von Edith Schütze

Auch bei einer Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C sind die Folgen in Deutschland für Menschen und Ökosysteme hinsichtlich Hitze, Trockenheit und Starkregen tiefgreifend. Es ist aber auch offensichtlich, dass Klimaschutzmaßnahmen alleine nicht mehr ausreichen, sondern dass Maßnahmen zur Anpassung an die bereits sichtbaren und noch zu erwartenden klimatischen Veränderungen ergriffen werden müssen.

Klimaschutzmaßnahmen zielen auf die globale Verringerung der Treibhausgasemissionen. Die Treibhausgase verteilen sich in wenigen Tagen in der gesamten Hemisphäre, so dass jede eingesparte Tonne CO2 – egal wo – positiv für das Weltklima wirkt. Im Gegensatz zu den globalen Auswirkungen des Klimaschutzes, wirken Klimaanpassungsmaßnahmen im regionalen oder lokalen Raum und können für die Betroffenen unmittelbar spürbar werden.

Städte und Gemeinden sind Schlüsselakteure.

Edith Schütze

Städte und Gemeinden sind daher Schlüsselakteure, um auf die Erfordernisse der Klimaanpassung aufmerksam zu machen, Strategien zu entwickeln und Maßnahmen umzusetzen.

Demokratisch legitimiert, als Träger der Bauleitplanung und umfangreiche Kompetenzen bei Finanzen, Bildung und Daseinsvorsorge können die Städte imagebildend und identitätsstiftend wirken und durch aktives Verwaltungshandeln und Partizipation Anpassungsprozesse initiieren oder steuern.

Klimaanpassungskonzepte als Teil der nationalen Klimaschutzinitiative

Für die Erarbeitung von Anpassungskonzepten gibt es Fördermöglichkeiten im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. In der vorgegebenen Untersuchungskulisse für die Erstellung von Klimaschutzteilkonzepten werden acht Bearbeitungsschritte (1-8) vorgeschlagen, die den Kommunen eine tragfähige strategische Planung zur Klimaanpassung eröffnen.

Der erste Schritt der kommunalen Klimaanpassungskonzepte besteht hierbei aus einer Bestandsaufnahme (1) der aktuellen Situation und den Herausforderungen, die sich für die jeweilige Stadt ergeben. Der Klimawandel zeigt sich in Mitteleuropa im Wesentlichen in der Zunahme von Hitze, Trockenheit und Überflutungen.

Welche Daten zu den klimatologischen Veränderungen bzw. Belastungen sind hier erforderlich und mit welcher Detailschärfe müssen sie ermittelt werden? Will man raumspezifische Grundlagen, die eine Gewichtung unterschiedlicher Flächen ermöglichen, so ist eine Stadtklimaanalyse unverzichtbar. (Abb. 1)

Abb. 1: Stadtklimaanalyse Landau: "Gefühlte Temperatur". Grafik: iMA, Richter & Röckle

Durch die Modellierung von thermisch und lufthygienisch belasteten Räumen einerseits und klimatischen Ausgleichsräumen andererseits können wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich der konkreten Betroffenheit (2) gewonnen werden. In Landau konnte beispielsweise mit der Darstellung der „gefühlten Temperatur“ der Hitzestress für die Bewohner identifiziert werden. In den durch Bäume abgeschirmten Bereichen der Grünflächen beträgt die physiologisch äquivalente Temperatur (PET) im Sommer mittags nur 30°C, während Nord-Süd ausgerichtete baumlose Straßen über 60°C aufweisen. (Abb. 2)

Abb. 2: Einflussfaktoren auf das thermische Empfinden. Foto: faktorgruen

Die genannten klimatischen Veränderungen haben weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und seinen unmittelbaren Lebens- und Arbeitsraum, auf die Land- und Forstwirtschaft, den Natur- und Artenschutz, den Tourismus und die Mobilität. Im Rahmen einer kommunalen Gesamtstrategie (3) werden solche nachteiligen Auswirkungen identifiziert und bewertet. Dies zielt auf eine integrierte klimatische Qualifizierung der Planungsprozesse gemäß den Anforderungen der Klimaanpassung. Eine hohe Intensität klimatischer Belastungen kann beispielsweise in dicht besiedelten Gebieten die weiteren Bebauungsmöglichkeiten deutlich einschränken: eine Prämisse, die dann Eingang auch in andere Planungsinstrumente finden muss.

Eine umfangreiche Akteursbeteiligung (4) in Form von Workshops, Expertenrunden, Bürgerforen oder Kampagnen ist unverzichtbar, um die strategischen Schwerpunkte und Prioritäten zu erkennen und Maßnahmen vorzubereiten.

Der Maßnahmenkatalog (5) ist das Kernstück des Klimaanpassungskonzeptes, das erfahrungsgemäß das größte Interesse in Verwaltung, Politik und Bevölkerung findet. Zentrale Maßnahmenkomplexe sind in der Regel die Grün- und Freiflächenentwicklung, die wassersensible Stadt, klimaangepasstes Planen und Bauen, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft sowie die Gesundheitsvorsorge und die gute Praxis in Bildung und Kommunikation.

Anpassungsstrategie und Maßnahmenkatalog müssen flächendeckend und dauerhaft mitgedacht und kontinuierlich umgesetzt werden. Diese Verstetigungsstrategie (6) ist auch deshalb unverzichtbar, weil Veränderungen innerhalb der bestehenden Strukturen meist nur punktuell oder innerhalb kleiner Zeitfenster umgesetzt werden können. Einzelmaßnahmen wie die Begrünung von Dächern oder die Anlage von Pocket Parks können oft nur als Teil eines Transformationsprozesses gesehen werden, als Einzelmaßnahmen kommen sie oft an die Grenze ihrer Wirksamkeit.

Klimaanpassungskonzepte sind kommunale strategische Fachkonzepte und sollten politisch legitimiert werden. Ludwigsburg und Karlsruhe haben sie als „sonstige städtebauliche Planung“ gemäß § 1(6) Nr. 11 BauGB beschlossen und damit als querschnittorientiertes Instrument der Stadtentwicklung anerkannt.

In Hinsicht geeigneter Controlling-Konzepte (7) fehlt es nicht an Vorschlägen, aber ihre Eignung und ihr Erfolg bedürfen noch der Bewährung, die sich erst in den nächsten Jahrzehnten zeigen wird. Gute Kommunikationsstrategien (8) oder Kampanien zur Information der Stadtgesellschaft sind bei der Klimaanpassung elementar, einschließlich des überzeugenden Appells an das eigenverantwortliche Handeln. (Abb. 3 und 4)

Klimaanpassungskonzept Ludwigsburg. Abb. 3: Hohe Klimatische Belastung und keine Aufenthaltsqualität. Abb. 4: Nach einer potenziellen Umgestaltung der Bundesstraße: Verringerte klimatische Belastung verbunden mit weitreichenden Veränderungen des Mobilitätsverhaltens. Foto/Grafik: faktorgruen

 

Klimaanpassung als grüne Infrastruktur

Der weitaus größte Teil der Anpassungsmaßnahmen sind der grünen Infrastruktur zuzuordnen und damit meist originärer Planungsgegenstand der Landschaftsarchitekten. Die qualifizierte Grün- und Freiraumentwicklung ist immer auch ein Beitrag gegen den Hitzestress; die wassersensible Stadt verbindet funktionale Freiraumqualitäten mit ökologischen und gestalterischen Aufgaben. Die zunehmende Konkretisierung vom Landschaftsplan bis hin zur Pflanzung des Stadtbaums oder der Offenlegung des Gewässers gehören zum mühsamen, aber auch sinnstiftenden Alltagsgeschäft des Berufsstandes. Es ist daher naheliegend, wenn sich LandschaftsarchitektInnen den Aufgaben der Klimaanpassung im Besonderen zuwenden. Die Aufgabe ist nicht neu, sie ist aber umso zwingender geworden.


Autorin: Edith Schütze, Landschaftsarchitektin bdla, faktorgruen, Freiburg. Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekten" 4/2019.

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