Wetterdaten als Hinweis auf den Klimawandel.
Von Klaus Körber
Die extremen Witterungsverhältnisse der Sommer 2015 bis 2018 haben in weiten Regionen Deutschlands bei vielen Gehölzen sichtbare Spuren hinterlassen. Vor allem 2018 mit relativ hohen Temperaturen oft deutlich über 35 Grad und extrem niedrigen Regenmengen hat auch in Regionen wie z.B. dem Ammerland oder Schleswig-Holstein zu großen Schäden an Gehölzen geführt. Das braune Band von Wien bis Kiel wurde nur da durchbrochen, wo stärkere Gewitter für teilweise hohe Niederschlagsmengen gesorgt haben.
Die Grün- bzw. Braunfärbung von Gras und Wiesen sowie die Höhe vom Mais im August dienen als Gradmesser für den Trockenstress und stehen im engen Zusammenhang mit dem Zustand der angrenzenden Bäume.
Vor allem schwierige Standorte wie Autobahnböschungen, bepflanzte Parkplätze oder Baumpflanzungen an Straßenrändern zeigen extreme Schadbilder auf.
Abhängigkeit der Bäume vom Standort und dessen Wasserkapazität
Aber häufig stehen in Nähe zu diesen Stressbäumen nur wenig geschädigte Gehölze der gleichen Art, allerdings dann meist auf natürlich gewachsenen Böden mit einer guten Bonität und einer entsprechend positiven Wasserkapazität.
Trockenstress legt das Fundament für die Schäden.
Klaus Körber
Es ist also nicht in erster Linie die Hitze, die die größten Schäden verursacht, sondern der Trockenstress, der das Fundament für die Schäden legt und in Kombination mit heißen Tagen den Bäumen das Leben so extrem schwer macht. Die gleichen Baumarten wie z. B. Hainbuchen oder auch die Linden zeigten im direkten Vergleich auf guten landwirtschaftlichen Böden oder vor allen Dingen bei ausreichender Wasserversorgung und ausreichend Standraum auch bei Temperaturen an die 40 Grad ein deutlich besseres Erscheinungsbild.
Es gab immer wieder auch im Spätsommer 2018 schöne Spitz- und Bergahorne, aber nur da, wo im Untergrund Wasser und ein großer durchwurzelbarer Wurzelraum zur Verfügung stand. Demzufolge muss dem Thema intelligentes und dauerhaftes Bewässern in Zukunft eine viel größere Beachtung geschenkt werden. Das kostet viel Geld, ist aber die Voraussetzung dafür, Jungbäume auf Dauer erfolgreich zu etablieren und sie für die zukünftigen Klimabedingungen vorzubereiten.
Unabhängig vom Standort gibt es eine Rangfolge bei den verschiedenen Gehölzarten bezüglich ihrer Trockenheitsverträglichkeit, wenn sie im direkten Vergleich nebeneinanderstehen. Derartige Vergleichspflanzungen stehen an der LWG in Veitshöchheim, aber auch an der Versuchsstation in Quedlinburg in Sachsen-Anhalt. Auf dem zehn Hektar großen Versuchsgelände der LWG Veitshöchheim wurde auf einer Fläche von ungefähr drei Hektar im Laufe der letzten 15 Jahre ein umfangreiches Sortiment von weit über 400 Baumarten und Sorten gepflanzt.
Beobachtungen zu Bäumen im Spätsommer 2018
Der Feldahorn ist mit Abstand der beste heimische Ahorn, der an zahlreichen Standorten vergleichsweise sehr gut steht; nur an extrem schlechten Standorten mit braunen Blättern aber fast immer deutlich stabiler als Spitz- und Bergahorn. Wobei sowohl Spitzahorn und mit Abstrichen der Bergahorn auf unbelasteten Böden mit ausreichendem Wurzelraum teilweise die Hitze und Trockenheit viel besser ertragen haben, als das zu erwarten war.
Die heimischen Eichen, sicher auch weil sie durch ihr tiefgehendes Wurzelwerk Wasser besser erschließen können, aber vor allem auch die Eichen aus dem vorderasiatischen Raum konnten und können in der Regel Trockenheit viel besser vertragen als z.B. die Linden. Die Eiche – inclusive Quercus rubra, der Roteiche – war und ist derzeit einer der wenigen Bäume, der mit sattem dunklem Laub im gesamten Bundesgebiet „ein gutes Bild abgibt“. Schade, dass der Eichenprozessionsspinner in der Praxis die Akzeptanz der Eichen bei Neupflanzungen sehr stark einschränkt
Die Linden haben in 2018 nahezu deutschlandweit enorm starke Blatt- und Kronenschäden gezeigt mit erstem und teilweise sehr starkem Laubfall ab Juli. Nur auf besten Böden und bei ausreichend großem Standraum gab es keine Probleme. Tendenziell kann die Gruppe der Silberlinden diesbezüglich etwas besser eingestuft werden, wobei auch Tilia tomentosa in der Jugendphase kontinuierlich mit Wasser zu versorgen ist.
Die Leguminosen wie Robinien, Schnurbaum und die Gleditsien sind auf trockenen und ärmeren Standorten auch nach diesem Sommer meist sehr stabil. Sie sind lediglich etwas früher in die Herbstfärbung eingestiegen. Die Gruppe der resistenten Ulmen bestach durch ihre enorme Zähigkeit und Wüchsigkeit bei Hitze und Trockenheit. Alnus x spaethii und übrigens auch die italienische Erle Alnus cordata präsentierten sich 2018 sehr stabil und zuverlässig wachsend. Die Maulbeere hat gezeigt, warum sie zu einem der meist gepflanzten Gehölze im vorderen und mittleren Orient gehört. Es bleibt zu hoffen, dass der Vormarsch der Maulbeerschildlaus nicht zu Einschränkungen in der Verwendung führen wird.
Die Platane steht trotz Massaria, Echtem Mehltau, Netzwanzen in deutschen Städten gut bis sehr gut. Vielleicht sollte man zusätzlich noch verstärkt den Einsatz der abendländischen Platane und ihren schlankwüchsigen Sorten austesten. Auch deshalb, weil Platanus orientalis in Städten wie Istanbul oder Teheran der dominierende Schattenspender in den heißen Straßen ist.
Die heimischen Eschen, die vom Pilz nicht befallen sind, haben eine sehr hohe Hitze- und Trockenheitsverträglichkeit gezeigt. Das gleiche gilt auch für Fraxinus ornus und Fraxinus pennsylvanica und deren Sorten, die übrigens vom Eschentriebsterben unter unseren Bedingungen bisher nicht befallen werden. Zu den Gewinnern des Sommers 2018 gehört die Walnuss, die sich überall sehr vital zeigt. Gleiches gilt – mit etwas Abstrichen, weil auf Kalk nicht so gut wachsend – für Castanea sativa, die Marone.
Bäume mit standortabhängig größeren Problemen
Die optischen „Verlierer“ auf vor allen Dingen extrem trockenen bzw. eingeengten Stadt-Standorten sind Birke, Buche, die rot-und weißblühenden Kastanien, Spitz- und Bergahorn, die gängigen Sorbus und Crataegus-Arten und Sorten (Ausnahmen Carrierei) sowie ein Großteil des vorherrschenden Lindensortimentes. Hainbuchen sind in dichten Gemischtpflanzungen stark verbräunt, lediglich an Standorten mit großem Wurzelraum kann man noch schöne Hainbuchen sehen.
Die Baumhasel, aber auch die Robinie gehören ebenfalls zu jenen Bäumen, die auf problematischen, eingeengten und verdichteten Standorten häufig versagen, aber an geeigneten Stellen sehr schön dastehen können. Von Miniermotten geschädigte Kastanien und vom Triebsterben befallene Eschen waren 2018 sehr stark unter Stress und teilweise in einem extrem schlechten Zustand. In den Kiefernwäldern Brandenburgs waren einzelne Bäume bereits stark verbräunt. Es steht zu befürchten, dass sich – ähnlich wie nach dem Hitzesommer 2015 – die Trockenschäden erst im darauffolgenden Jahr zeigen werden.
Sollen wir die heimischen Ahorne, Linden oder Kastanien und deren Sorten vor diesem Hintergrund überhaupt noch pflanzen? Ich halte Verzicht für das falsche Signal. Als Lösungsansatz gilt, dass diese Bäume nur auf gute Standorte gepflanzt werden sollten und wenn die Folgepflege garantiert ist.
Ausblick
Die pauschale Ablehnung nicht einheimischer Arten ist bei zukünftigen Pflanzungen nicht immer zielführend. Ziel muss es sein, die Baumartenvielfalt in unseren Pflanzungen zu erhöhen. Nur eine breite Basis an geeigneten Pflanzenarten und Sorten mindert das Risiko, dass weitere Klimaveränderungen und neue Krankheiten und Schädlinge die uns zur Verfügung stehende Palette noch mehr verringern. Wir brauchen im übertragenen Sinn die Idee des gesunden Mischwaldes auch bei der Pflanzenauswahl im kommunalen Raum. Denn der Extremstandort Siedlungsbereich wird noch extremer.
Alle – auch die nach jetzigem Stand für Hitze und Trockenheit gut geeigneten Bäume – haben keine Chance, wenn sie in zu kleinen Baumgruben auf verdichtetem Untergrund bei anaeroben Verhältnissen, Streusalz und Wassermangel zu tief gepflanzt worden sind. Richtiges Pflanzen, ein optimaler Stammschutz und vor allen Dingen auch eine konsequente Folgepflege mit Schnittmaßnahmen und einem guten Wasserplan werden immer wichtiger. Das kostet Geld, ist aber die Voraussetzung dafür, dass ein neu gepflanzter Baum überhaupt gut wachsen kann.
Um in Zukunft die richtigen Pflanzen für unterschiedliche Standorte in ausreichenden Mengen zur Verfügung stellen zu können, müssen sich alle Beteiligten an einem gemeinsamen Konzept beteiligen. Die Baumschulwirtschaft braucht die Einsicht, dass im Sortiment klimabedingt Veränderungen notwendig sind und muss das entsprechende Jungpflanzenmaterial heranziehen. Das Konzept funktioniert natürlich nur, wenn die angezogenen Pflanzen letztendlich auch von Landschaftsarchitekten, dem GaLaBau, den Stadtplanern oder sonstigen Entscheidungsträgern nachgefragt werden. Deshalb kommt der Informationsvermittlung zu Produzenten und Verwendern über die veränderten Bedingungen eine herausragende Bedeutung zu.
Autor: Dipl.-Ing. Klaus Körber, Leiter des Arbeitsbereiches Technik und Unternehmensentwicklung im Institut für Erwerbs- und Freizeitgartenbau an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau, Veitshöchheim. Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekten" 4/2019.
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